Neue Trinkwasserverordnung 2023

Was ist für Eigentümer und Betreiber von Gebäuden zu beachten?
Seit 24.06.2023 gilt die neue Trinkwasserverordnung. Für wen gilt sie und welche neuen Regelungen sind relevant? Ich habe mir den sperrigen Text angesehen und in der Praxis umgesetzt.
Im Vergleich zur Vorgängerfassung wurde die neue Verordnung von 25 auf 72 Paragraphen erweitert. Zentral ist die Einführung eines risikobasierten Schutzkonzepts der gesamten Versorgungskette von der Gewinnung des Trinkwassers über Speicherung, Verteilung bis zur Entnahme am Wasserhahn.

Einige Prüfparameter wurden neu eingeführt, z. B. für die als „Ewigkeits-Chemikalien“ bekannte Stoffgruppe der PFAS (per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen), die sich so gut wie nie abbauen und in Outdoor-Kleidung, Pfannenbeschichtungen und Kostmetika verwendet werden. Verschärft wurden die Vorgaben für Blei, das in alten Wasserleitungen und Armaturen enthalten sein kann. Bleihaltige Wasserleitungen sind bis Januar 2026 zu demontieren oder still zu legen. Installateure werden verpflichtet, das Gesundheitsamt zu informieren, wenn sie in einem Gebäude bleihaltige Leitungen feststellen und nicht beauftragt werden, diese zu demontieren.Den Text der Verordnung findet man unter https://www.gesetze-im-internet.de/trinkwv_2023/. Angesprochen sind nicht nur die Immobilienwirtschaft, sondern auch Gesundheitsämter, Laborbetriebe und Betreiber von zentralen „Wasserversorgungsanlagen“, z. B. die örtlichen Stadtwerke, die ganze Gebiete mit Trinkwasser versorgen. Jedoch reicht die Verantwortung der Versorger nur bis zum Übergabepunkt im Haus. In der Regel ist dies der zentrale Wasserzähler im Gebäude.

Ab hier beginnt die „Gebäudewasserversorgungsanlage“, also das Leitungsnetz im Gebäude mit Speicherung, Erwärmung und Entnahmestellen (z. B. Wasserhähne, Duschen, Waschmaschinen oder Zahnarztstühle). Ab hier ist der Eigentümer oder Betreiber des Gebäudes verantwortlich. Als „Betreiber“ gilt ein Nutzer, der nicht Eigentümer ist, aber faktisch und langfristig die Kontrolle über das Gebäude hat. Dies ist zum Beispiel ein Mieter, der ein Gebäude alleine (single tenant) und langfristig nutzt. Im Einzelfall kann sich dies aus dem Mietvertrag und den weiteren Umständen ergeben.

In Bezug auf die Nutzung des Gebäudes unterscheidet die Trinkwasserverordnung zwischen „gewerblicher Tätigkeit“ und „öffentlicher Tätigkeit“. Daraus ergeben sich unterschiedliche Fristen für die Untersuchung des Trinkwassers. Für privat genutzte Gebäude sind keine Fristen vorgegeben. Dies gilt zum Beispiel für selbstgenutzte Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen, die nur von den Eigentümern bewohnt werden. Falls in einem Mehrfamilienhaus, das in Eigentumswohnungen aufgeteilt ist, nur eine einzige Wohnung von Mietern bewohnt wird, gilt die gesamte Trinkwasseranlage des Gebäudes als „gewerblich“. Als „öffentlich“ gelten z. B. Hotels, Restaurants, Museen, Schulen, Kitas, Krankenhäuser und Pflegeheime. Hier wird Trinkwasser an Personen abgegeben, mit denen kein Arbeits- oder Mietvertrag besteht. Für öffentliche Nutzungen gelten die kürzesten Untersuchungsfristen.

Welche Pflichten ergeben sich genau aus der neuen Trinkwasserverordnung?

Nach § 31 sind Untersuchungen auf Legionellen vorgeschrieben, wenn folgende Bedigungen erfüllt sind:
  • Das Gebäude hat eine zentrale Trinkwassererwärmung mit mehr als 400 Liter Inhalt oder einem Leitungsinhalt von der Trinkwasserwärmung bis zu einer Entnahmestelle von mehr als 3 Litern.
  • Im Gebäude ist mindestens eine Dusche oder eine sonstige Anlage zur Vernebelung von Trinkwasser vorhanden.
  • Es handelt sich nicht um ein Ein- oder Zweifamilienhaus.
Bei einer „gewerblichen“ Nutzung muss diese Untersuchung mindestens alle 3 Jahre, bei einer öffentlichen Nutzung mindestens jährlich durchgeführt werden. Das örtliche Gesundheitsamt kann im Einzelfall andere Fristen festlegen. Nach § 49 ist es verboten, Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, das bestimmte chemische, mikrobiologische, radioaktive und weitere Parameter nicht einhält. Diese Parameter sind in den Anlagen zur Verordnung aufgeführt. Nach § 22 ist es verboten, Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, das in nicht zulässiger Weise aufbereitet wurde. Daraus folgt, dass der Betreiber die Aufbereitung des Trinkwassers (z. B. über Dosieranlagen) laufend dokumentieren muss. Verstöße gegen die Vorgaben gelten entweder nach § 71 als Straftat oder nach § 72 als Ordnungswidrigkeit. Die Formulierung in Satz 1 Nr. 2 „Ordnungswidrig handelt, … wer … eine Anlage nicht richtig betreibt“ ist eindeutig. Es sind Trinkwasserproben zu entnehmen und im Labor zu untersuchen. Der Umfang und die Fristen der Untersuchungen werden auch von den örtlichen Gesundheitsämtern bestimmt. Beispielsweise verlangt das Gesundheitsamt Köln nach meiner Erfahrung bisher keine Untersuchung auf radioaktive Parameter. Auch der Umfang der Untersuchung auf chemische Parameter (Schwermetalle, z. B. Cadmium, Kuper, Eisen, Nickel, Blei) kann von den Gesundheitsämtern unterschiedlich festgelegt werden. Entnahme, Transport und Untersuchung der Wasserproben müssen von einem zertifizierten Labor durchgeführt werden. Eine Liste der in NRW zugelassenen Labore findet man hier: Liste zugelassener Labore. Es ist aus meiner Sicht sinnvoll, ein Labor zu beauftragen, das mit dem örtlichen Gesundheitsamt bereits Erfahrung hat. Eine gute Kommunikation zwischen Labor und Gesundheitsamt wird vor allem dann wichtig, wenn eine kritische Belastung festgestellt werden sollte. Für die Einholung von Angeboten für die Trinkwasseruntersuchung legt man den Laboren im besten Fall den Beprobungsplan einer früheren Untersuchung vor. Es sind nicht alle Wasserhähne zu beproben, sondern nur repräsentative Stellen im Leitungssystem. Falls ein Beprobungsplan nicht vorliegt oder nicht mehr aktuell ist, können die Entnahmestellen der Proben anhand von Plänen und in einem Ortstermin festgelegt werden. Eine gute Gebäudedokumentation ist hier sehr hilfreich. Die Labore sind verpflichtet, kritische Befunde direkt dem Gesundheitsamt zu melden. Falls dieser Fall eintritt, sollte ein Sachverständiger für Trinkwasserhygiene eingeschaltet werden. Der Sachverständige wird in Abstimmung mit dem Labor und dem Gesundheitsamt die notwendigen Maßnahmen festlegen. Falls diese Schritte nicht fristgerecht vom Eigentümer oder Betreiber veranlasst werden, kann das Gesundheitsamt im „worst case“ die Trinkwasseranlage sogar stilllegen. Ist die Immobilie vermietet, können die Kosten für die regelmäßige Trinkwasseruntersuchung auf die Mieter umgelegt werden. Sie gelten als Betriebskosten. Nicht umlegbar sind unregelmäßige Kosten z. B. für den Einbau von speziellen Ventilen zur Probenentnahme oder für die Beseitigung einer festgestellten Belastung. Ich bin weder Sachverständiger für Trinkwasserhygiene noch Jurist und erteile keine Rechtsberatung. Als Asset Manager erkenne ich behördliche Auflagen und setze sie für den Immobilieneigentümer um.

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